Donnerstag, 13. September 2012

vergiss es

Dich zu vergessen, bin ich oft bemüht.
Als ob sich dies Vergessenwollen räche,
kommst du im Traum und zwingst dich in mein Lied,
und plötzlich ists, als ob ich mit dir spreche.

Du, die ich nie durch einen Witz verriet,
die immer da ist, wenn ich niederbreche,
und ihre Stärke einhaucht meiner Schwäche,
und die ich wieder, wenn ich stark war, mied, –

ich bin beruhigt, dass du da bist, du.
Du wirst nicht müd in mir, gibst keine Ruh;
du lebst in mir, als seist du ein Gewissen.

Wir sind getrennt, doch was ists, was uns trennt?
Denn alles, was ich tu, dich kennt und nennt.
Vermissend dich, kann ich dich nicht vermissen.

Johannes R. Becher
(gefunden in: Wiedergeburt, Insel)