Sonntag, 10. April 2016

april, zweite meinung

Das frühe Grün stammt aus einer Welt,
deren höherer Zweck der Schnee von gestern war.
Niemand spricht mit eigenen Worten
über das Wetter, höchstens die schlechte Laune.
Die Stadt ist eine vollgekritzelte Postkarte,
der Regen auf den Fensterscheiben
folgt der Interpunktion des Windes.
Überall frisch gestrichene Fussgänger
und ihr glänzendes Verhältnis zur Promenadologie.
Auf fliegenden Traktanden und Traktaten
verlesen die Zugvögel ihre Daten.
Die Toupets der Schwarzmaler
grüssen von weitem van Goghs Krähen.
Und ja, einmal in die Luft geworfen,
bleibt das Puzzle der Schwalben unzusammensetzbar.
Auf der Parkbank singt eine Amsel
und übt sich in Betrachtung der Amsel.
Der Präsident der Wetterfrösche
wird auch nächstes Jahr nicht wiedergewählt.
Das hat sich jemand notiert.
Viertelnoten mit Köpfen wie Krokusse
präludieren in den Vierteln.
Im Garten entstehen erste lose Zusammenhänge
zwischen den Stühlen.

Clemens Umbricht
(gefunden in: Basler Poesiekalender)