Dienstag, 11. Dezember 2012

ich sitze in basel


Ich sitze in Sachsen und schau in den Schnee.

Ich sass über Amsterdam
auf einem Balkon mit gedrechselten Stäben
und sah unterm Giebel mir gegenüber
ein Zimmer, in dem eine riesige Katze,
blassrote Gladiolen und eine Frau
den ganzen Vormittag lebten
und mich plötzlich ansahn. Ich stand 
vor dem Hauptbahnhof Dresden,
und grauer war die Geometrie
und geometrischer war das Grau
und Lenin zwischen den Rabatten
auch nur ein König aus Preussen. Ich sass
hoch über Amsterdam, unten
die Strasse in täglichem Aufruhr, Schiffsorgeln,
schaukelnde Strassenbahnen,
drei Polizisten in vollem Galopp
und sämtliche Fahrradfahrer der Welt,
die Knaben die Mädchen die Knaben
kutschierend, dazwischen, im Durcheinander,
dicht neben den Schienen erglänzte
ein goldener Ritter. Ich stand
vor dem Hauptbahnhof Dresden,
und drüben war Fussball, und Ouhh!
riefen die Sachsen verloren mal wieder.
Da sagte auch ich leise Ouhh,
denn ich gehörte zu ihnen,
samt diesen, meinen betrüblichen Hosen.
Und sitze in Sachsen und schau in den Schnee.

Thomas Rosenlöcher