mit mir gemeinsam dieses Gedicht
durch eine Baumallee zu betreten:
sonnendurchwoben im warmen Licht
eines Nachmittags Ende September.
Ein stiller Weiher zur rechten – wie es sich für
einen Park gehört – darauf zwei leuchtende Schwäne.
Aber jetzt steh ich nur in einem fremden
Zimmer mit ausgeschaltetem Fernseher,
einem halb ausgetrunkenen Glas Johannisbeersaft
auf dem runden Tisch, ein gletschergrüner Bonbonrest
klebt im Aschenbecher, zwei Sessel, ein Sofa,
ein sechsarmiger Lüster, nikotingelb die Tapeten.
Wenn ich an meine frühen Gedichte denke,
in die ich durch die eingetretenen Türen gestürmt bin
und die ich grusslos wieder verliess,
empfinde ich nichts und verstehe,
dass Sie mir den Platz zugewiesen haben,
an dem Sie mich zwar nicht suchen, aber was
mich betrifft, jedenfalls nicht finden würden.
Es gibt auch zwei Türen in diesem Gedicht:
die eine lasse ich zu; wenn man die andere
öffnet, ich weiss es, steht da ein Bett, ein Nachtschränkchen,
in einem Wasserglas grinst ein Gebiss,
und eine Brille liegt auf dem Fensterbrett.
Ich frage mich, wo bleiben nur die Menschen
in diesem Gedicht, wo bleibt die Katze, bleibt der Hund,
warum gibt es hier nur mich?
Warum muss ich hier bleiben einen Monat lang
ohne Post, nicht ein einziges Mal läutet das Telefon?
Warum verspüre ich keinen Hunger,
warum plagt mich kein Durst, warum ist hinter
dem Vorhang kein Fenster, warum ist es nicht hell
und wieso wird es nicht dunkel?
In einem solchen Gedicht rinnt Sand aus dem Radio.
Kein Schlaf, keine Träume, kein Wachsein,
kein Ich und kein Du.
Diese Welt sucht Zuflucht in einem schwarzen Schuh.
Dieser Schuh liegt hinter dem Sofa in Ihrem living room,
Ihrem Lebenszimmer, ja ganz recht, dort lag er schon immer.
Michael Arenz
(gefunden in: Aus dem Hinterland, Edition YE)
