welcome to my weiglworld
Donnerstag, 8. März 2018
cause - effeti
Den Wind fördern die Bäume
die Morgenröte die Spatzen
Schönwetter bringen die Schwalben wenn sie hoch fliegen
den Schnupfen besorgt uns das Fieber –
für die tänzelnden Worte sorgst du.
Aurelio Buletti
Gli alberi promuovono il vento
i passeri portano l'alba
le rondini il bel tempo quando volano alte
febbri leggere recano riniti
e tu provvedi parole che danzano.
Montag, 15. Januar 2018
sonnenfleck
Unvergesslich
jene quirlig
schnelle
kleine Welle
auf der ein frecher
Sonnenfleck ritt
Werner Lutz
Montag, 1. Januar 2018
mein himmel
mein himmel ist hier und jetzt
mein himmel ist meine vorstellung
von himmel
er ist die freundlichkeit
verlässlichkeit
anteilnahme
bei glücks- und unglücksfällen
mein himmel ist nicht voller geigen
sondern voll solidarität
mein himmel ist auch eine utopie
von einer gerechteren welt
in der einsicht und nachsicht
tägliche realität sein sollte
himmel ist das festgeknüpfte netz
ähnlich denkender und fühlender
und das glück
ihm anzugehören
wenn es noch einen andern himmel
geben sollte
lasse mich überraschen
Elfriede Gerstl
Sonntag, 31. Dezember 2017
vom gebrauch der gedichtzeilen
sich in eine zeile lehnen
wie in eine sofaecke
in einer zeile reiten
mit fliegenden haaren
mit einer wegschweben
wie ein luftballon
eine wandert mit schweren schuhen
auf einer holzdiele
wander mit
eine breitet die flügel aus
und flattert herum
wie ein eben flügge gewordener vogel
folge wenn du kannst
eine zieht raketengleich fort
auf nimmerwiedersehen
Elfriede Gerstl
Montag, 4. Dezember 2017
sintflut des lebens
Die grösste Sonne auf dieser Seite
und auf der anderen der Neumond
dem Gedächtnis entrückt wie jene Brüste.
Dazwischen Abgrund der Sternennacht
Sintflut des Lebens.
Die Pferde auf der Tenne
schwitzen und galoppieren
über verstreute Körper.
Dorthin geht alles
auch diese Frau
die schöne, die du sahst, einen Augenblick
sie beugt sich, hält sich nicht, kniet schon.
Alles mahlen die Mühlsteine
heraus kommen Sterne.
Der Vorabend des längsten Tages.
Giorgos Seferis
Samstag, 18. November 2017
wespenideen
Alles ist noch da
zurückgelassen von der Zeit
die Wespenideen das Grillenlicht
hinter dem Brunnen der Durst
hinter dem Schlaf der Tod
etwas vom Flüchtigen der Vögel
der Abschied der unsterblich ist
alles ist noch da
Werner Lutz
Samstag, 11. November 2017
herbstmanöver
Ich sage nicht: das war gestern. Mit wertlosem
Sommergeld in den Taschen liegen wir wieder
auf der Spreu des Hohns, im Herbstmanöver der Zeit.
Und der Fluchtweg nach Süden kommt uns nicht,
wie den Vögeln, zustatten. Vorüber, am Abend,
ziehen Fischkutter und Gondeln, und manchmal
trifft mich ein Splitter traumsatten Marmors,
wo ich verwundbar bin, durch Schönheit, im Aug.
In den Zeitungen lese ich viel von der Kälte
und ihren Folgen, von Törichten und Toten,
von Vertriebenen, Mördern und Myriaden
von Eisschollen, aber wenig, was mir behagt.
Warum auch? Vor dem Bettler, der mittags kommt,
schlag ich die Tür zu, denn es ist Frieden
und man kann sich den Anblick ersparen, aber nicht
im Regen das freudlose Sterben der Blätter.
Lasst uns eine Reise tun! Lasst uns unter Zypressen
oder auch unter Palmen oder in den Orangenhainen
zu verbilligten Preisen Sonnenuntergänge sehen,
die nicht ihresgleichen haben! Lasst uns die
unbeantworteten Briefe an das Gestern vergessen!
Die Zeit tut Wunder. Kommt sie uns aber unrecht,
mit dem Pochen der Schuld: wir sind nicht zu Hause.
Im Keller des Herzens, schlaflos, finde ich mich wieder
auf der Spreu des Hohns, Herbstmanöver der Zeit.
Ingeborg Bachmann
Montag, 30. Oktober 2017
steinmüde sternmüde
hallo, hat hier einer jetzt aber mal was Ernstes gesagt?
gute Nacht, meine Seele, ich wollte eh gerade gehn
nur warum hör ich trotzdem, Nacht für Nacht und müde
steinmüde, sternmüde, wie du dich in deinem Grabe
umdrehst? meine Güte, Dein Kreiselspiel bin ich leid
du bist ein Nachrichtensatellit, du drehst und drehst dich
um eine sehr grosse Kugel, die nicht ganz rund läuft
hallo Seele, wärst du noch bei mir, ich schaffte dich ab
Ulrike Almut Sandig
Sonntag, 8. Oktober 2017
Dienstag, 3. Oktober 2017
kleine trauer
Wenn's im september zu dunkeln beginnt,
schon ohne samt, rauh, kahl,
geht eine kleine trauer feldein
und singt,
an schollen, grau wie lerchen, geht
die kleine trauer hin und singt
(es gibt ein ereignis, älter als ich,
als mein tod,
als traurigkeit durch mich, verzeih),
singt die kleine trauer auf dem feld
und geht
die hanfwege hin des herbstes.
Jan Skacel
Samstag, 16. September 2017
gewagt
könnte ich meine sehnsucht
nach dir sammeln
könnte ich würde ich
ein elixier erschaffen
und solltest du mich
eines tages bemerken
solltest du würde ich
das elixier im wald vergraben
unter laub und wurzeln
tief unter der erde
denn es würde dich verschrecken
wie sehr ich mich sehne
wie sehr ich mir wünsche
es würde dich vertreiben
in die arme eines anderen
der weniger sehnt
weniger wünscht
als ich es je wagen würde
Zoran Drvenkar
Montag, 21. August 2017
dazwischen
DER DICHTER FÄHRT VON
FREIBURG NACH BASEL
Links Schatten, rechts Lichter
Dazwischen: Der Dichter
Links Berge, rechts Buchen
Dazwischen: Das Suchen
Links Höhen, rechts Linden
Dazwischen: das Finden
Links Hügel, rechts Orte
Dazwischen: Die Worte
Links Felder, rechts Fichten
Dazwischen: Das Dichten
Links Grünen, rechts Blühen
Dazwischen: Das Mühen
Links Plappern, rechts Singen
Dazwischen: Das Ringen
Links Formen, rechts Flächen
Dazwischen: Die Schwächen
Links Stangen, rechts Leitern
Dazwischen: Das Scheitern
Links Mauern, rechts Wände
Dazwischen: Fahrtende.
Robert Gernhardt
Donnerstag, 10. August 2017
nimmermüde
...All das nährte das warme Gefühl... Wärmte ihn, als hörte er zum ersten Mal in seinem Leben ein Lied, wärmte ihn Woge um Woge. Wärmte ihn wie das erste Liebesfeuer. Wärmte ihn Hülle um Hülle. Wärmte ihn mit der Umarmung des ersten Lachens Küssens Gehens Schwimmens Weinens Fliegens Laufens Glücklichseins der ersten Verrücktheit Ruhe Sattheit. Wärmte ihn Schicht um Schicht... ... Nimmermüde wollte er sein. ...
Nihat Behram
(aus: Gurbet. Die Fremde)
Dienstag, 8. August 2017
traumgetier
Was ist denn das für eine Zeit –?
Die Wälder sind voll Traumgetier.
Wenn ich nur wüsste, wer immer so schreit.
Weiss nicht mal, ob es regnet oder schneit,
ob du erfrierst auf dem Weg zu mir –
Die Wälder sind voll von Traumgetier.
Ich unter lauter Schatten –
Es sind Netze gespannt von dir zu mir,
und was sich drin fängt, ist nicht von hier,
ist, was wir längst vergessen hatten.
Wenn ich nur wüsste, wer immer so schreit –
Ich sucht ihm ein wenig zu geben
von jenem stillen Trunk zu zweit;
voll Taumel und voll von Seligkeit
würd ich den Becher ihm heben –
Weiss nicht einmal, ob es schneit oder regnet...
Sah die Sterne nicht mehr, seit ich dich verliess;
kenn den Weg nicht mehr, den du mir gesegnet,
und zweifle sogar, ob du mir begegnet –
Wer war denn das, der mich gehen hiess?
Aber, du findest doch her zu mir –?
Sieh, es wird Zeit, dass ich ende.
Die Wälder sind voll von Traumgetier,
und ich darunter bin nicht von hier...
Ich gäb alles, wenn ich dich fände!
Alexander Xaver Gwerder
Mittwoch, 26. Juli 2017
aus seiner sicht
du ziehst die schatten breit
mit deinen armen und jedes wort,
das du auf sie gegeben hast,
krümmt sich im licht,
das sich in deiner stimme dehnt.
du weisst, der tod verlangt nicht,
dass du schweigst. am wegrand
sammelt sich der staub
gegebener versprechen,
der an den lippen leise wird.
für einen langen augenblick
ist alles still und jedes bild
ist weiss in seinem schatten,
der dich zusammenhält
aus seiner sicht
Andreas Altmann
Donnerstag, 20. Juli 2017
leer und keck
Dieses Gedicht könnte auch heissen: letzte Worte. Mit jedem Gedicht, mit diesem aber nun endgültig, habe ich die Worte abgeschüttelt. Wie beim Spatzen: erst das wilde Staubbad, dann alles abschütteln, dass die Funken fliegen. Befreit vom Reflektieren übers Dasein, schaue ich ihm wieder leer und keck entgegen. Berauscht von Unbedarftheit; ich weiss nichts; der Äther darf mich küssen; das Leben beginnt. Ich lerne wieder zu sprechen, aber ganz langsam. Und dann das Ganze wieder von vorne.
Angela Krauss
(über ihr Gedicht Wann, wenn nicht jetzt")
Mittwoch, 5. Juli 2017
abendlied
Schlafe, ich liebe dich sehr.
Wärn meine ängste um dich
um dich errichtet als wall,
hätte ich keinerlei angst.
Wärn meine ängste um dich
um dich so fest wie ein wall,
wärst du in sicherer hut.
Aber die liebe, die liebe
würde sterben im hof.
Hätte ich keinerlei not,
wär ich am end.
Andreas Reimann
Donnerstag, 29. Juni 2017
nachmittag
Diesmal kam es am Nachmittag
und nicht wie sonst immer
in der Nacht.
Es kam wieder, doch ich fand
auch am Tag keinen Namen dafür.
Diesmal schien es gelb.
Ich sass in der Küche,
ein abgebrochenes Zündholz
zwischen den Fingern.
Rainer Brambach
Donnerstag, 8. Juni 2017
unter dem wacholder
unter dem wacholder liege ich und träume dir zu,
ich erinnere mich. wir berühren uns nicht. keine
scham. kein nervenflattern reicht an mich heran.
keine gewaltigen stürme, die sonst immer nahen
nahen. trockne ich die netzhaut ab, mein ganzes
leben lang? vielleicht singe ich auch oder falte
die Hände über dem bauch und warte. etwas betet
in mir. wer in die wüste geht zum sterben, der kann
sterben oder unter dem wacholder noch den rest vom
leben erben: in der bibel käme jetzt ein engel zu elia
aber hier? rette, was es noch zu retten gibt. ich träume
von sternen, träume von dir, wie von einer wasserquelle.
Nadja Küchenmeister
Mittwoch, 10. Mai 2017
wolken wald leben
Gesprächs-Leben
und ich?
das wird verschlungen
von scharen von ebenbildern –
von einem bild ähnlich der welt –
so wie wolken wald
vom ruhelosen "ich" der sterne
Gennadij Ajgi
Dienstag, 2. Mai 2017
farbe fenster
Es hat Farbe, es ist nicht leer,
es hat Farbe, mein Haus,
die Farbe der Leidenschaften
und des grossen Unglücks.
Mein Haus kommt zurück aus dem Weinen,
in das sie es verbannten.
mit seinem verlassenen Tisch,
mit seinem verfallenden Bett.
Die Münder werden wieder
auf den Kissen blühn,
und um die Leiber wird
zur Nacht das Leintuch seine
starke Schlingpflanze duftend
wieder wachsen lassen.
Der Hass wird abgehalten, wenn
wieder Fenster da sind.
Die Kralle lockert sich.
Lasst mir diese Hoffnung.
Miguel Hernandez
weiter freier
Blitz und Donner
begleiten es nicht.
Es ist einfach da,
von einer Sekunde
zur andern.
Nüchternes Bewusstsein
des Scheiterns.
So beiläufig
überzeugt es.
Das Licht geht nicht aus.
Wir sind nicht im Theater.
Jetzt weitermachen.
Mach weiter –: freier.
Rainer Malkowski
Freitag, 28. April 2017
Schatzkammer
Das Herz
ist seiner Kammern beraubt
Vorratskammer
Schatzkammer
Das Herz
hat Stillstand geübt
hat deinen Namen gerufen
hat wieder zu schlagen begonnen
Sei Vorrat
Silber und Gold
früh morgens, spät abends
sei Himmelsleiter, Erdenleiter
Sei, wie es sei –
Licht, das durch die Wolken bricht
Elisabeth Borchers
Freitag, 31. März 2017
worthaut
Du regnetest. Ich kroch in ein altes Buch.
Der Scheibenwischer wehte davon. Die Welt
war immer der schwarze Quader
um mich aus Stimmen gepresst der Backstein.
Ich las ja nicht. In wurde gelesen. Du
rannst schön an mir herunter. Wir starben nicht.
Als ich mich in den Seiten löste
gab es dich wieder. Erinnerungen.
Mein Opa kannte Wörter wie Synthesis.
Es ist nicht wahr. Er drückte den Kinderkopf
mit Fingern die mit dem Wort Finger
ich zu bezeichnen von ihm gelernt hab.
Du regnet nicht mehr. Bö, ich verstecke mich.
Schlaf du mich, Boa. Schupp mir die Worthaut ab.
Es ist nichts drunter. Das Wort Wunde
schluckt das Wort Wunder. Da. Vogelscheisse.
Urs Allemann
Montag, 20. März 2017
glückwünsche
Dass du dir glückst.
Dass dir das glück anderer glücke.
Dass durch dich
Ein oder zwei menschen
Besser sich glücken.
Dass das glück dich nicht blende
Für das unglück anderer.
Dass du dir glückst.
Auch im unglück.
Dass eine welt werde,
wo zusammen mit dir
viele sich glücken können.
Kurt Marti
Donnerstag, 16. März 2017
atem märzwind
mit frühlingsanfang blühen
alte rechnungen in den büschen
die bäume schmücken sich
mit den bekannten vorwürfen
und der atem verfehlt den märzwind
eine e-mail trauert sich fort
kein koffer um darauf zu sitzen
vom gold des schweigens
ist die computertruhe leer
am nebentisch verwelken erste anzeigen
die müdigkeit hält mit dem parkläufer schritt
wer hört es im stimmengewirr der sprachlosen
am pult ist keiner zu sehen
nur sein erhobener zeigefinger
Frieder Schulter
Dienstag, 7. März 2017
stilles kind
draussen lärmt der wind
setzt auf dünnes Papier seine
dicke wand mit augen an
mein haus in dem
ich lebe und arbeite: wofür
für später für den winter
wann das ist: gleich
ob es sich lohnt?
kann sein
wer weiss das schon
habe ein hufeisen gefunden
leg es aufs fensterbrett
lege mich unter daunen
selbstvergessen ins bett
eins mit mir und allem nah
bin ich ein stilles kind
das wäre vorstellbar
Kerstin Preiwuss
Dienstag, 28. Februar 2017
don't follow
Nach Null-Uhr
verlässt der Tag
sein Revier,
begibt sich
auf den Grat
zwischen Sein
und Hoffnung,
folge ihm nicht,
Sterbliche,
diese Fotos werden
von niemanden
entwickelt.
Michael J. Wewerka
Mittwoch, 22. Februar 2017
hallo hallo
Schale nur
von Windjahren
eine leergesogene Muschel
das Haus
an allen Wegen doch
die Wipfel vernistend
meine Traurigkeit
im Sand
im Blind
der einzigen Frage mit
ihrem – Herz, löchrig
wie ein starrer Schwamm –
antwortlosen
Schweigen
mein tiefes Auge
Melancholie
die kein Salz
in die Mundwinkel streut
Fluss ist
und uferlos
entzweiend
Hallo Hallo
wie diesen Morseruf
ich liebte der
verstummt ist
und ich
steh
vorm Mitnachtsfenster
ihr Kopf dahinter ein Schatten
in die Musik
geneigt
dem schmerzjungen Cis
gelingt es
durchs Glas
hinauszuschwimmen
ja was denn...
meine Traurigkeit ja
was...
Erich Arendt
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